Mit schnellen Schritten lief ich den Korridor entlang. Die Leute die mir entgegen kamen, sahen mich fragend und irgendwie erstaunt an. Sicher, ich war einige Zeit nicht da gewesen. Okay, es waren genau 2 Monate, aber hey? Man musste mich nicht gleich so dumm angucken. Genervt verdrehte ich die Augen, als ich in den Korridor der Mädels einbog und fast in ein dieser Mädels rein rannte. Ich kannte sie flüchtig, da sie irgendwie mal mit Emily befreundet war. Ich nuschelte eine schnelle Entschuldigung, ehe ich an ihr vorbei lief und anschließend vor Chloes Zimmertür zum halt kam.
Mein Herz schlug ungewöhnlich schnell. Wegen der Aufregung oder der Nervosität konnte ich nicht genau sagen. Irgendwie kannte ich das so gar nicht von mir, normalerweise nahm ich alles gelassen hin. Doch irgendwas ist bei mir nun anders. Ah, verdammt ist das alles kompliziert.
Ich rief mich zur Ordnung und holte tief Luft, ehe ich die Hand hob und leicht gegen Chloes Zimmertür klopfte.

Ungeduldig stand ich da, obwohl ich eben erst geklopft hatte machte sich dieses unbehagliche Gefühl in mir breit. Es war recht ätzend und ich hätte am liebsten die Tür einfach aufgerissen. So wie ich es ja sonst auch gemacht hatte. Aber ich wusste nicht, wie Chloe reagieren würde... nach ihrem Unfall war alles so anders. Überhaupt hatte ich sie seit sie friedlich im Bett im Krankenhaus geschlafen hatte nicht mehr gesehen. Was wohl in der Zeit passiert war?
Lange konnte ich mich nicht darüber gedanklich auslassen, denn die Tür wurde langsam geöffnet. Mein Herz schlug ungewöhnlich schnell, als ich sie erblickte und lächelte sie leicht an. "Hey", begrüßte ich sie. Was anderes kam nicht über meine Lippen. Es war einfach so seltsam alles, auch das Gefühl, welches ich empfand, als sie mich kurz umarmte. Es löste etwas in mir aus. Doch ich dachte nicht all zu lange daran, denn ich hatte andere Dinge im Moment im Kopf.
ich betrat ihr Zimmer, welches mir so vertraut war und ließ mich neben sie auf dem Sofa nieder. "Nein, Gedanken kann ich nicht lesen. Ich habe gedacht, dass du vielleicht hier bist", meinte ich zu ihr und lächelte leicht. Dabei musterte ich sie genau. Sie sah nicht so aus, als hätte sie erneut ein Unfall gehabt.
Chloe riss mich aus meinen Gedanken, als ich ihre Frage vernahm und schmunzelte ebenfalls. "Mir gehts gut. Ich war bis heute morgen in Italien... deswegen sehe ich so aus.. aber wichtiger ist, wie gehts dir? Deine SMS hat mich beunruhigt, weshalb ich sofort zurück geflogen bin, als ich sie bekommen hatte", ich sah ihr in die Augen und schluckte unwillkürlich. Wie konnte ich diese Augen nur vergessen?

Leicht biss ich mir auf die Unterlippe. Ich konnte doch unmöglich ihr sagen, dass ich ziemlich fertig war und deswegen nach Italien geflogen war. Das ich praktisch vor den Erinnerungen geflohen war. Erinnerungen, die jetzt wieder kamen und mir Angst machen, weil ich nicht wusste, was ich damit anfangen sollte.
Ich lächelte sie an und winkte ab. "Ist schon okay. Ich bin immer für dich da, dass war ich schon immer. Klar.. es gab auch Zeiten, wo ich nicht da war.. aber die sind vorbei und ich..mache mir sorgen um dich", meinte ich ehrlich und sah sie dabei. Ich wusste nicht, was ich gerade hier fühlte. Es war alles so seltsam, ungewohnt mit ihr zu sprechen. Sie wirkte so anders, so verändert.
Vorsichtig griff ich nach ihrer Hand, drückte sie leicht und musterte sie eine weile schweigend. Das sie sich an etwas erinnerte war doch gut, oder? Die Ärzte meinten doch, dass sie nur Zeit brachte. Wieso fühlte es sich dann, so seltsam an?
"Ich bin ja jetzt hier.. frag mich alles, was dir in den Sinn kommt. Ich.. ich werde versuchen sie dir so gut es geht zu beantworten", meinte ich zu ihr und legte den Kopf leicht zur Seite.
"Was für Bilder sind es, die dir durch den Kopf gehen?", fragte ich sie schließlich. Irgendwo mussten wir ja anfangen und ich würde mir Zeit nehmen.. für sie. Denn das war ich ihr schuldig. Und tief in mir drin wusste ich, dass ich schuld an dem ganzen war. Auch wenn Sophia und auch Honey das Gegenteil sagten. Ich war schuld, denn ohne diesen Streit, hätte es diesen Unfall nie gegeben.

Ich nickte leicht auf Chloes Worte hin und lächelte leicht. Ja, der 'Urlaub' war ganz erholsam gewesen, dennoch machte ich mir im Moment so viele Gedanken. Und alle drehten sich nur um Chloe. Es war doch verrückt! Wie konnte eine einzige Person mich so dermaßen einnehmen? Nun gut, Chloe hatte in meinem Leben eine ganz besondere Rolle. Eine ganz besonderen Platz in meinem Herzen. Immerhin war sie diejenige gewesen, die meine Liebe für sich gewann, nach einer schier Ewigkeit. Sie hatte an mich geglaubt, als ich dachte, dass ich nicht mehr Liebe empfinden könnte. Okay, es gab auch eine Zeit, da hatte sie es selbst geglaubt, aber da hatte ich mir auch ziemlich viel Mist erlaubt.
"Hast du Lindsay denn noch mal gesehen?", fragte ich sie und war einerseits ziemlich gespannt darauf. Ich weiß noch, dass ich ziemlich sauer auf Lini war, weil sie einfach abgehauen war. Weil sie mich einfach überfordert mit der ganzen Situation allein gelassen hatte. Und auch jetzt noch, war ich leicht angesäuert deswegen und wenn sie sich nicht bei Chloe gemeldet hatte dann.. ja was dann? Würde ich sie deswegen angehen? Wir waren alle ziemlich fertig, aber niemand ging es beschissener als Chloe selbst, sie hatte den Unfall, den ich verschuldete.
Ich lächelte Chloe leicht an, als sie von unseren zu mir auf sah. Dabei lauschte ich ihren Worten und nickte leicht. "Das stimmt alles. Es war mein Geburtstag gewesen und ich war anstatt mit dir mit Sophia ins Kino gegangen. Sophia ist eine gute Freundin und da lief wirklich nie mehr mit ihr", meinte ich und fragte mich, warum ich mich rechtfertigte. Sicher interessierte es sie nicht besonders, da sie sich sicher daran nicht erinnern würde. "Du dachtest, ich hätte was mit ihr und ich war sauer, weil du bei.. bei Noah warst wegen.. dem Kind", erzählte ich ihr und biss mir leicht auf die Unterlippe, wie würde sie das nur aufnehmen? Okay, ich hatte nichts mit Sophia gehabt, aber dafür hatte Dalia mich geküsst gehabt und mich vor die Wahl gestellt. Tja.. Dalia war nun weg. In ihrer letzten SMS stand das sie fortging, nach Deutschland.. wie sie es wollte.
Chloes Stimme holte mich aus den Gedanken und ich hörte ihr aufmerksam zu. Langsam wanderte ich mit der Hand, die nicht ihre Hand hielt an meinen Hinterkopf und schmunzelte leicht. "Ja. Wir hatten uns gestritten, weil ich dich von Noah weggeholt und dich geküsst hatte. Du hast mich von dich geschubst und ich hatte den Halt verloren. Das war auch der Tag, an dem wir..", ich sprach nicht weiter, denn irgendwie konnte ich nicht. Es war der Tag, an dem wir zusammen gekommen waren. Der Tag, der mein Leben verändert hatte. Der Tag, an dem ich das erste Mal nach langer Zeit wieder 'Ich liebe dich' zu jemanden gesagt hatte.
Sanft strich ich mit den Daumen über ihren Handrücken und lächelte abermals leicht. "Das was du mir bis jetzt erzählt hast, stimmt alles", bestätigte ich ihr und fühlte mich im selben Moment so komisch. Ich konnte es nicht erklären, ich wollte ihr nahe sein. Aber ich konnte und durfte nicht.

Fast hätte ich missbilligend geschnalzt mit der Zunge, als sie mir erzählte, das Lin sie nicht besucht hatte. Es machte mich sauer und zugleich fühlte ich mich schlecht. Hätte ich gewusst, dass sie alleine war.. dann wäre ich doch niemals weggefahren. Ich wäre doch bei ihr geblieben. Auch wenn ich einen ziemlichen Nervenzusammenbruch hatte, aber das wusste sie ja nicht.
Tief holte ich Luft und nickte leicht verstehend. Ihre Eltern.. sie konnten sich die Hand reichen mit meinem Dad. Die waren genauso unfähig wie er. "Du musst dich ziemlich allein gelassen gefühlt haben..", murmelte ich und senkte leicht den Blick. Dabei sah ich auf unsere Hände. Ein kleines Lächeln zierte meine Lippen, während ich ihr weiterhin zuhörte. Es tat gut, mit ihr zu reden. Ihre Nähe hatte mir gefehlt.
"Ja.. du wolltest es abtreiben lassen und warst zu Noah gegangen, ohne mir was davon zu sagen", erzählte ich ihr und ohne das ich es wollte, kamen mir die Bilder in den Sinn. Ich wollte sie nicht, doch konnte ich sie nicht einfach beiseite schieben. Leise seufzte ich und schloss kurz die Augen. Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf, als ich ihre Entschuldigung vernahm und grinste sie leicht an. "Es ist schon okay. Ich bin ja nicht gestorben", neckte ich sie leicht und entspannte mich ein bisschen mehr.
Erneut nickte ich zustimmend, als sie mir eine ihrer Erinnerungen nannte und lächelte zaghaft. "Lindsay hatte mir an dem Tag eine SMS geschrieben und mir berichtet, dass du bei Noah warst und nicht im Unterricht. Ich war sofort zu seinem Zimmer gegangen wo ich euch.. nya jedenfalls habe ich dich von ihm weggeholt. Du warst total sauer auf mich, hast mich angeschrien und auf meine Brust rum gehauen. Wir haben uns unterhalten und du meintest du wolltest mich nie wieder sehen und hast mir noch dabei gestanden das du mich schon die ganze Zeit.. geliebt hast..", ich machte eine Pause und sah dabei in ihre rehbraunen Augen. "Ich hatte dich um eine Chance gebeten, welche du mir gegeben hast. Du hast angefangen mir zu vertrauen und ich hab angefangen mich zu verändern.. für dich. Ich war.. nein bin, kein Sonnenschein. Und es stimmt, bevor wir zusammen gekommen sind, hatten wir kein Kontakt. Jedenfalls nicht so wie es beste Freunde haben sollten. Ich hatte es nicht verstanden, weil du mir nicht gesagt hast, warum du plötzlich auf Abstand gegangen warst", erzählte ich weiter und seufzte anschließend. "Und ja.. wir hatten Sex des öfteren gehabt. Wir hatten eine Affäre, deine Eltern durften es nicht wissen, weil sie kennen mein Ruf und hätten dich sofort in ein Nonnenkloster gesteckt", fügte ich noch hinzu und biss mir abschließend auf die Unterlippe. Ich hoffte, das war nicht zu viel Information auf einmal. Ich wollte sie nicht überlasten damit.

Sanft fuhr ich erneut mit den Daumen über ihre Hand und blickte sie unentwegt an. Ich konnte meinen Blick nicht von ihr abwenden, auch wenn ich gewollt hätte. Chloe hatte schon immer was an sich, was mich dazu verleitete ihr immer meine Aufmerksamkeit zu schenken. Das sie sich viele Gedanken gemacht hatte, konnte ich nur zu gut nachvollziehen. Auch ich hatte mir Gedanken gemacht. Mir kam das Bild vor Augen, als ich auf dem Flur hockte und überall das Blut von Chloe an mir klebte. Ich hatte die Studenten nicht bemerkt, die an mir vorbei gezogen sind. Sie waren mir egal gewesen. Ich hatte an diesen Tag das verloren, was mir am wichtigsten war. Und das war Chloe.
Seufzend schaute ich auf und grinste Chloe leicht an. "Außer das ich des öfteren eine Ohrfeige bekommen hatte? Nein, ansonsten warst du recht.. zahm", neckte ich sie und sah ihr dabei wie so oft in die Augen. Sie nahm mich regelrecht gefangen. "Wir haben ziemlich viel zusammen gemacht.. ziemlich viel Blödsinn", meinte ich schließlich und richtete mein Blick zum Fenster. Nur damit ich nicht in ihre Augen versank. Wieso kamen mir solche Gedanken? Warum fühle ich mich wieder so zu ihr hingezogen?
°Vielleicht weil du noch was für sie empfindest?°, ich presste die Kiefer aufeinander, als mir diese Erkenntnis kam. Aber wie? Nein, das konnte nicht sein. Ich verbot mir diesen Gedanken weiter zu denken und konzentrierte mich auf das Gespräch mit Chloe.
"Na immerhin erinnerst du dich daran, dass der Sex super war", etwas belustigt darüber grinste ich sie an, ehe ich den Kopf schüttelte und nickte sogleich. "Deine Eltern sind richtige Spießer", pflichtete ich ihr bei und sah sie dann nervös an, als sie von den Gerüchten erzählte. Kaum wieder hier und schon wissen alle es, war ja typisch.
Ich wich ihren Blick aus und senkte zeitgleich diesen, dabei kaute ich wieder unbewusst auf meiner Unterlippe rum. "Ich.. ich weiß es nicht. Es stimmt, ich habe eine.. Freundin.. wir sind aber noch nicht lange zusammen. Mandy, sie.. sie war mit mir in Italien. Ironischer weise war sie die Einzige die für mich da war, nachdem was passiert war", langsam sah ich auf und sah Chloe traurig in die Augen. "Ich war ziemlich fertig und noch immer habe ich ein schlechtes Gewissen. Ich hätte dich nicht allein lassen dürfen", wisperte ich. Vielleicht wäre dann auch alles anders gekommen. Vielleicht wären wir dann auch wieder zusammen gekommen.

"Ja, das hattest du auch gesagt gehabt. Du warst ziemlich fertig deswegen gewesen und hast dir Unmengen an Alk eingeflößt", meinte ich und holte tief Luft. "Ich bin Rugby-Spieler, ich kann mit solchen Schmerzen umgehen", grinste ich zurück und stupste sie leicht in die Seite. Ein Stückchen Normalität, ja die brauchten wir.

"Ähm.. du wolltest mich auf die Krankenstation schleppen, wegen der Platzwunde am Kopf. Ich hatte mich dagegen gesträubt, weil ich Krankenhäuser und Zimmer hasse. Ebenso wie Spritzen", klärte ich sie auf und füllte damit diese Erinnerungslücke bei Chloe. Dennoch lächelte ich sie noch immer freundlich und zugleich schelmisch an.
Leicht legte ich den Kopf zur Seite, als ich ihre nächsten Worte vernahm und lachte im selben Augenblick auf. "Oh ja, genau. Ich weiß gar nicht, ob man deinen Slip eigentlich gefunden hatte. Ich hatte mir einen Spaß draus gemacht und diesen dort rein zufällig fallen lassen", meinte ich schelmisch, doch schnell verschwand dieser Gesichtsausdruck und ein bekümmertes erschien. Eine peinliche Stille trat ein, nachdem sie meinte, dass sie sich für mich freute. Doch recht abkaufen konnte ich ihr das nicht. Irgendwie störte mich ihr eher trauriger Blick und wenn ich ehrlich mit mir selbst war, so fühlte ich mich gerade nicht wirklich wohl. Klar ich liebte Honey, aber da war etwas bei Chloe.. aber war das mehr, als es sein sollte? Ich war mir nicht sicher und ehe ich etwas falsches tat und dachte, konzentrierte ich mich wieder auf das hier und jetzt. Dabei ließ ich das Thema Honey sein. Es schmerzte sie und dadurch auch mich.
Als Chloe schließlich von dem Schuld und nicht Schuld sprach schluckte ich schwer. "Mag sein..", murmelte ich und erschrak, als ich die Träne sah, die sich ihren Weg über ihre Wange bahnte. "Hey.. nicht weinen", wisperte ich und zog sie sogleich an mich. Sanft legte ich den Arm um und streichelte ihr über den Kopf. Es war ein vertrautes Gefühl sie in meinen Armen zu wissen und für einen Moment schloss ich die Augen und genoss es. Ich wusste, es war falsch, aber ich konnte nicht anders. Irgendwas verursachte Chloe in mir und ich hatte die schreckliche Vorahnung, dass ich was furchtbar dummes machen würde. Doch ich schob diese Gedanken fort.
"Ich bin jetzt da und pass auf dich auf. Ich lass dich nicht mehr wieder so lange allein", flüsterte ich ihr zu, und strich dabei mit dem Daumen die Träne aus ihrem Gesicht.

Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf. Nein, das muss ich nicht mal", meinte ich dann und blickte sie lange an.